Ecumenical Humanitarian Organization

Integration vertriebener Roma in Serbien

Sultan Jusufi hat sechs Jahre in Deutschland gelebt. Seine Eltern wohnen immer noch dort. Mit 18 Jahren, im Jahr 2004, ist er ausgewiesen worden. Heute lebt er in der Romasiedlung „Bangladesch“ zusammen mit seiner 17-jährigen Frau und seiner einjährigen Tochter. Er hat durch die EHO einen Kurs als Elektriker gemacht und hofft, dass er bald Arbeit findet. „Wegen meiner Kinder muss ich bald raus aus Bangladesch, damit die zumindest eine Zukunft haben“, so der junge Familienvater. Im Moment hält er seine Familie über Wasser, indem er mit dem Mofa zwei Mal die Woche Schrott sammelt und verkauft.

Offiziell leben 110.000 Roma in Serbien, Schätzungen gehen von bis zu 800.000 Roma aus. Viele sind Flüchtlinge aus dem Kosovo. Einige suchten erst in westeuropäischen Ländern Schutz und wurden später nach Serbien ausgewiesen. Weitere 80.000 bis 100.000 Rückkehrer werden erwartet. Sie leben oft in slumähnlichen „Settlements“ – die meisten sind illegale Siedlungen. Nur wenige haben Arbeit oder Einkommen. Über 50 Prozent der Roma-Kinder besuchen keine Schule. Die meisten beenden die Schule ohne Abschluss.

Die „Ecumenical Humanitarian Organisation“ hilft seit 1993 die Lebensbedingungen für besonders benachteiligte Roma in Serbien zu verbessern. Ziel jedes Projekts ist die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Integration in die Gesellschaft.

Dabei setzt die Förderung durch die EHO bereits im Kindesalter an. Die meisten der nach Serbien ausgewiesenen Kinder können kein serbisch sprechen. Damit sie in die Schule gehen können, bietet die EHO Serbisch-Unterricht an und versorgt die Romakinder außerdem mit Schulzubehör und bei Bedarf mit der notwendigen Kleidung. Außerdem werden für die Kinder der Rückkehrer Schulzeugnisse übersetzt, damit die Dokumente offiziell anerkannt werden können. Bei besonderen Härtefällen, wie zum Beispiel den Opfern von Menschenhandel, werden entsprechende Unterstützungsangebote wie eine persönliche Beratung oder ein Internatsaufenthalt finanziert.

Das aktuelle Projekt in der Vojvodina

Die Spendengelder der JUVE Awards 2013 werden in das aktuelle Projekt zur langfristigen Existenzsicherung vertriebener Roma in der Vojvodina/Serbien fließen.

In den kommenden drei Jahren werden jedes Jahr für 30 Personen Fachkurse für Berufe wie Fassadenarbeiter oder Friseur an der Volksuniversität „Božidar Adžija“ oder anderen lokalen Partnerorganisationen angeboten und über das Projekt finanziert. Die vorbereitenden Beratungen und das entsprechende Assessment werden von der EHO durchgeführt. Ein Großteil der Personen, die eine Qualifizierungsmaßnahme absolviert haben, erhält eine Erstausstattung für ihre Arbeit, damit diese ohne weitere Verzögerungen aufgenommen werden kann. Für zwei Jahre sind die Werkzeuge geliehen, danach gehen sie in den Besitz der Nutzer über, wenn diese erfolgreich arbeiten.

Außerdem erhalten pro Jahr 15 Personen finanzielle Starthilfen um ihr eigenes Gewerbe aufzubauen. Diese Personen besuchen eine Schulung über die Erstellung eines Businessplans und erarbeiten anschließend „ihren“ Businessplan. Bisher wurden Starthilfen für Gewerbetätigkeiten wie Gemüseanbau im Glashaus, Teppichsäuberung, Hausputz, Ausarbeitung von Metallkonstruktionen, Holzzerkleinerung und –verarbeitung und Müllverwertung gewährt.

Acht Familien mit mindestens vier Mitgliedern erhalten pro Jahr Unterstützung für die Verbesserung ihres Wohnraums. Die Familien erstellen im Rahmen einer Settlementsanierung ihren individuellen Renovierungsplan. Teilnahmebedingung ist, dass die Familie unter Anleitung eines Bauingenieurs und mit Hilfe einer Bauanleitung eine Sickergrube selber gräbt und mauert. Zweite Maßnahme der Renovierungsarbeiten ist die Erstellung eines funktionstüchtigen Badezimmers mit fließendem Wasser. Danach erfolgen eine Stabilisierung des Gebäudes und die Erneuerung des Daches. Bleibt vom Budget noch etwas übrig, können bauliche Erweiterungen erfolgen. Alle Familien werden im Verlauf der Arbeiten von der EHO betreut und beraten.

Hilfe bei rechtlichen Problemen

Ohne Geburtsurkunde keine Staatsbürgerschaft, ohne Staatsbürgerschaft keine Krankenversicherung, ohne Krankenversicherung keine Absicherung… Viele Dokumente sind notwendig, damit die Roma in Serbien eine Zukunft haben. Die Beratungsstelle der EHO, die von zwei Anwälten unterstützt wird, ist spezialisiert auf Fragen der Dokumentation und Legalisierung des Status der Roma in Serbien. Etwa 500 Verfahren und Antragstellungen zur Beschaffung von verschiedenen Dokumenten werden jährlich gestellt. Davon kann etwa die Hälfte erfolgreich abgeschlossen werden. Neben der tatsächlichen Antragstellung übernimmt EHO in dem Projekt auch die anfallenden Gebühren der Antragstellungen. Beratung und Antragstellungen sind für alle Personen kostenlos. Die Antragsteller sind fast ausnahmslos mittellos und leben in den Slums oder in sehr ärmlichen Verhältnissen.

http://ehons.org/en/

 

(Foto: Langfristige Existenzsicherung: Vladislav Iviciak von der Ecumenical Humanitarian Organization ist sichtlich gerührt über die Spendensumme von 72.750 Euro.)